In meinem Gyrosgrill
treffe ich ja täglich auf die unterschiedlichsten Leute. Fast täglich
besuchen mich Typen, deren bierseligem Genuschel ich gerade noch entnehmen
kann, dass George W. Bush, oder wahlweise auch Helmut Kohl, Gerhard
Schröder oder wer sonst gerade auf dem Titelblatt ihrer Parkbankdecke
zu sehen war, an ihrem ganzen Elend schuld sei.
Heute führte mich mein Weg jedoch mal aus der Südstadt hinaus
und ich traf auf Leute, deren skurriles Aussehen sogar mich erschütterte.
Es begann schon auf dem Weg zur Bahn. Ich bog um eine Straßenecke.
Naja, vielmehr hatte ich das noch vor, doch schon von weitem hörte
ich eine Türkin in ihr Handy schreien, dass ich dachte, man müsste
ihr mal den Sinn eines Telefons erklären. Sie schien bis in die
Türkei schreien zu wollen. Wäre zwar billiger, aber so ein
Handy will ja auch vorgezeigt werden!
Lipon, ich ging mit mittlerem Gehörschaden weiter, ein Pfeifen
im linken Ohr. In der Bahn ging es weiter. Erst ein Typ, Marke "Mein
Äu ßeres ist mir egal". Unfrisierbare Locken, ein wenig
lang geraten, graues Kapuzenshirt mit ausgeleierten und beschmuddelten
Bündchen - und ein Nasenring, der ihm bis an die Oberlippe hing.
Dazu gesellte sich eine Frau, so der Typ Lesbe, die jedes Jahr im Frühling
zur Selbstfindung in die Toscana fährt und ihre Menstruation klöppelt
oder töpfert. Aus schwarz-weiß gemustertem Karnevalsstoff
genähte Hose, darüber ein weit geschnittenes, schwarzes Pannesamt-Oberteil
mit extra verlängerten Ärmelspitzen. Die Haare pechschwarz
gefärbt und wie mit dem Lineal geschnitten. Wer sich an Frau Krone-Schmalz
erinnert, weiß, was ich meine. Ganz gewagt hatte sie aber zwei
Strähnchen an der Stirn länger gelassen und sie, vermutlich
mit Pattex, in einer liebevoll und akurat gelegten Rolle auf die Stirn
geklebt.
Ich stieg aus der Bahn und über den Bahnsteig kam mir ein Mann
entgegengewackelt. Die Figur des Michelinmännchens watschelte er
seines Wegs und erinnerte mich irgendwie an den Marchmallowman aus Ghostbusters.
Es war wohl ein Reflex, dass ich mich zur Seite bückte, als er
an mir vorbei kam.
Weiter ging der fröhliche Reigen mit einer Seniorin, die gebeugt
mit winzigen Schrittchen ihren Weg über den Ebertplatz fand, um
den Kopf ein gelb-blau-grünes Tuch im Rambo-Style gebunden; einem
ca. 50 jährigen Mann, der mit seiner bis fast an die Brust gezogenen
Jeans aussah, als hätte er eine Strampelhose an. Eine Windel konnte
ich nicht ausmachen, so genau wollte ich allerdings auch nicht hinsehen.
Irgendwie gaben diese Leute für mich kein stimmiges Bild ab. Irgendein
Detail wollte sich einfach nicht ins Puzzle fügen. Bin ich heute
überempfindlich oder ist die Welt wirklich ein kleines Stückchen
aus ihrer gewohnten Bahn gestolpert. Und geht das jetzt so weiter? Werden
wir jetzt alle so? In einer Albtraumvision sehe ich mich schon in einem
weiten Batikkleid auf einer Wiese in der Toskana sitzen. Watschelnd
habe ich meinen Weg hierher gefunden, in der Wolke süßlichen
Parfums tummelten sich Schmetterlinge und Schmeißfliegen. Meine
gefärbten, aber herausgewachsenen Haare sind mit einem verwegenen
Stirnband gebändigt, nur einige Locken kleben mir an der feuchten
Stirn. An die vor mir stehende Töpferscheibe komme ich kaum heran.
Mit der Aufgabe, meine Menstruation zu töpfern, fühle ich
mich überfordert, denn die kann ich seit Jahren nicht mehr verfolgen,
nicht mal mit einem Spiegel....
Ich schrecke aus dem Tagtraum auf. Ein Kunde verlangt Gyros mit Pommes.
Ich erlebe erleichtert, dass ich noch problemlos an den sich gleichmäßig
drehenden Gyrosspieß herankomme. Stutzig werde ich nur kurz, als
ich bemerke, mit welchem Ausdruck und unterdrücktem Stoßseufzer
ich den Ketch-up auf die Pommes klatsche.
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